Unser Wanderwart - Wolfgang Lippert - hat einige Beispiele zusammengestellt.
Rückenwiesenwirtschaft
Auf Anregung von Wanderwart Wolfgang Lippert wollen wir in loser Folge Wissenswertes aus dem Spessart bringen. Im Rückblick auf die Wanderung vom 6. Mai 2018 „an den Auen des Jossgrundes“ ist das Thema Rückenwiesenwirtschaft im Spessart.
Auch im Spessart wurden früher Bewässerungssysteme entwickelt mit dem Ziel, durch die Regulation des Wasserstandes die Vegetationszeit zu verlängern, um höhere Erträge zu erzielen. So wurde im Sinngrund im 18. Jh. die Rückenwirtschaft eingeführt. Von der Sinn wurde Wasser über ein Grabensystem auf den First eines etwa fünf bis zehn Meter breiten und rund 50 cm hoch aufgeworfenen Rücken geleitet. Über die geneigten Seitenflächen rieselte das Wasser in Abflussrinnen zurück in die Sinn.
Die Flächen wurden so nach einem ausgeklügelten Zeitplan bewässert, den die Besitzer peinlich befolgten. Der Spruch „Jemanden das Wasser abgraben“ bekam auch im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftsweise eine Bedeutung. Rückenbewässerung wurde auch praktiziert in Heimbuchental (Wiesengrund), Frammersbach und Heigenbrücken.
Wolfgang Lippert
Die Schachblume im Sinngrund
Die unter Naturschutz stehenden Rückenwiesen nördlich von Obersinn verwandeln sich Ende April, Anfang Mai in ein violettes Blütenmeer. Es ist die Blütezeit der Schachblume, oft auch Schachbrettblume genannt.
In Deutschland ist der Sinngrund die Heimat für das größte zusammenhängende Vorkommen in den Feuchtwiesen der beiden aneinander angrenzenden Naturschutzgebiete „Sinngrund“ bei Obersinn und „Sinnwiesen“ von Altengronau. An der Sinn, einem Nebenfluss der Fränkischen Saale, mit ihren regelmäßigen Überschwemmungen gedeiht das Liliengewächs besonders gut und üppig. Es handelt um die botanische Seltenheit „Fritillaria meleagris“, die in diesem malerischen Teil des Spessarts beheimatet ist.
Unsere Wandergruppe konnte am 1.9.2013 auf der erlebnisreichen Wanderung von Burgsinn über Fellen nach Mittelsinn und Obersinn dieses Gebiet kennenlernen.
Leider wurde das jährlich stattfindende Schachblumenfest in Obersinn wegen der Coronakrise abgesagt und damit auch die Führungen zur Schachblume.
Wolfgang Lippert
Vom Wildgehege zum Wildpark
Um das Jahr 1780 ließ der Mainzer Kurfürst Franz von Schönborn ein Wildgehege im Bischbrunner Forst erichten (10 qkm). Der Spessart war damals zum großen Teil Mainzer Territorium. Die Gehe dienten auch der Jagd.
Als das Gebiet später zum Königreich Bayern kam, wurde der Park auf fast 60 qkm erweitert.
Eine 50 km lange Umzäunung führte von Erlenfurt über den Weihersgrund zum Torhaus Aurora und nach Schollbrunn; weiter über Altenbuch und Hundsrück nach Rohrbrunn zum Jagdschloss Luitpoldshöhe, vorbei an Weibersbrunn und der Lichtenau zurück bis nach Erlenfurt. Die Endung „Tor“ erinnert an die Zugänge zum Wildpark: z.B. Regentor, Rindtor, Steinhirschtor, Kreuzsteintor, Steintor und Torhaus Aurora.
Im Rahme der Säkularisation im Jahre 1803 wurde der Fürst von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg entschädigt für die an Frankreich verlorenen linksrheinischen Gebiete ( Der Fürst ließ gleichzeitig um den Wildpark die Forsthäuser Faun, Sylvan, Aurora, Diana und Fürstenbrücke sowie die Torhäuser Breitfurt, Hubertus und Schleifthor, erbauen. Weitere Eingänge zum Wildpark waren das Neustädter Tor und das Schwarze Tor. Ebenso wurde inmitten des Parks das Forsthaus Carlshöhe mit Jagdschloss fertiggestellt. Heute findet man die Bezeichnung „Löwensteinscher Wildpark“ und im Löwensteinscher Forst.
Auf unseren Wanderung am 29.5.2016 „Vom Torhaus Aurora in Hafenlohrtal“, hielten wir Rast in Sylvan im Weihersgrund und der Karlshöhe und wanderten über das Forsthaus Neubau talabwärts nach Einsiedel im Hafenlohrtal.
Wasserbüffel im Hafenlohrtal
Im Jahr 2009 war es soweit. Wasserbüffel wurden im Rahmen eines Projekts im unteren Hafenlohrtal bei Windheim angesiedelt. Unterstützung gab es seitens der Naturschutzbehörden und – Verbände sowie durch den Forstbetrieb Löwenstein als Eigentümer der Hafenlohrtal-Flächen. Die angesiedelten Tiere gehören zur Rasse der osteuropäischen Wasserbüffel.
Inzwischen ist die Herde auf über 20 Tiere angewachsen.
Wasserbüffel sind Tiere der Auen- und Küstenlandschaften. Sie kommen mit dem Futterangebot der Nassfläche sehr gut zurecht und fressen auch Seggen, Binsen, Brennnesseln und Springkraut. Zudem können sie sich mit ihren breiten Klauen auch im sumpfigen Gelände gut fortbewegen. Schafe, Ziegen und Hausrinderrassen würden sich auf der schattigen, nassen Fläche dauerhaft nicht wohlfühlen. Nach anfängliche Skepsis und Kritik am Beweidungsprojekt mit den „Exoten“ findet das Projekt breite Zustimmung. Die Winterzeit verbringen die Tiere in ihrem Quartier in Bergrothenfels.
Es ist ein echtes Erlebnis, der Herde auf ihrer Sommerweide im Hafenlohrtal zuzusehen.
Im Internet kann der Flyer „Wasserbüffel aus dem Hafenlohrtal heruntergeladen werden mit Adresse https://www.naturpark-spessart.de/docs/flyer_wasserbueffel.pdf
Die Büffel können beobachtet werden im Video unter der Internetadresse www.naturpark-spessart.de/aktuell/video
Die Aussichtstürme im Spessart
Auf drei Spessart Gipfeln wurden im 19. und 20. Jahrhundert Aussichtstürme errichtet:
Der Ludwigs-Turm auf 436 m, der Höhnlein-Turm auf 347 m und der Ludwig-Keller-Turm auf 518,5 m.
Der 19 m hohe Ludwigs-Turm auf dem Alzenauer Hausberg Hahnenkamm, wurde ursprünglich 1880 errichtet vom „Freigerichter Bund“ und 2004 umgebaut.
Den Namen erhielt der Aussichtsturm nach König Ludwig I., der auf dem Hahnenkamm im Jahre 1840 seinen 54. Geburtstag i gefeiert hat und angesichts des herrlichen Rundblicks ausgerufen hatte: „Für wahr ein schönes Stückchen deutscher Erde“.
Der 22 m hohe Höhnlein-Turm auf dem Stengers bei Schweinheim wurde 1938 vom Spessartbund als Hindenburg Turm errichtet. 1951 wurde er nach verdienten Vorsitzenden des Spessartbundes, Dr. Hans Höhnlein benannt.
Der Ludwig-Kellerturm auf der Geißhöhe wurde auf einem 1899 errichteten Vorgängerbau vom Spessartbund 1936/37 errichtet. Er ist benannt nach dem Gymnasialprofessor und früheren Vorsitzenden des Spessartbundes Ludwig Keller (1873–1932). Der 13 m hohe Aussichtsturm verfügt über zwei Plattformen, von denen die untere über 47, die obere über weitere 13 Stufen zugänglich ist. Von hier bietet sich eine weite Rundsicht über Spessart, Odenwald, Taunus und Rhön. Auf der 11,9 m hoch liegenden oberen Plattform befindet sich neben einer Orientierungstafel ein Pfosten mit einem geodätischen Referenzpunkt der bayerischen Vermessungsverwaltung.
Fotos: Ludwigs-Turm auf den Hahnenkamm, Höhnlein-Turm bei Schweinheim, Ludwig-Keller-Turm auf der Geißhöhe
Die Landschaftsschutzgebiete
Landschaftsschutzgebiete (LSG) dienen, im Vergleich zu Naturschutzgebieten (NGS), in erster Linie dem Schutz des Naturhaushalts und seiner Funktionsfähigkeit. Wichtige Schutzgüter sind neben der Pflanzen- und Tierwelt zum Beispiel Boden, Grund- und Oberflächenwasser, Klima oder das Landschaftsbild. Auch aufgrund seiner besonderen Bedeutung für die Erholung kann ein Gebiet als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden. Ebenso können Gebiete, in denen eine naturverträgliche Nutzung durch den Menschen bewahrt oder wieder eingeführt werden soll, unter Landschaftsschutz gestellt werden.
In Bayern kennzeichnet ein Sonderschild mit grün umrandetem Dreieck und einem Greifvogel in der Mitte auf ein LSG. Beispiele im Landkreis AB und Spessart sind die Alzenauer Sande, Spessartwiesen und das Hafenlohrtal. Am Blockbohlenweg führt ein Wanderweg mitten durch die Bachlandschaft des Naturschutzgebietes.
Siehe hierzu unsere Wanderung am 08.09.2019 „Von den sieben Wegen ins romantische Hafenlohrtal“.
Foto: Gruppenfoto auf dem Bohlenstegweg
Wegweiser und Notfallpunkte
Mit der Gründung des Spessartbundes 1913 als Zusamenschluss der 3 Gebietsvereine Freigerichter Bund, Spessart-Touristenverein Hanau, Verein der Spessartfreunde, wurde dem Spessartbund die alleinige Wegemarkierungshoheit übertragen. 2011 wurde ein komplett neues Wanderwegestyem organisiert. Dabei wurden neben den Spessartbundwegen auch die des Naturparks, der Gemeinden und die diversen Motivwege mit einbezogen. Aktuell markiert der Fachbereich Wege 6500 km Wanderwege im bayrischen Spessart.
Die Kennzeichnung der Wanderwege erfolgt mittels Markierungszeichen, Wegweisern an Kreuzungen und Abzweigen sowie Übersichtstafeln. Welche Information kann der Wanderer den Wegweisern entnehmen?
Das Wegweiserblatt zeigt das Markierungskennzeichen und die Zielangabe
– oben das Nahziel = nächster Wegweiser Standort mit Entfernungsangabe
– unten das Fernziel = nächste größere Siedlung mit Entfernungsangabe
sowie Hinweise auf die dortige Infrastruktur (Bus-/Bahnverbindung, Einkehr, Unterkunft).
Standortwegweiser
– Standortschild mit Standortbezeichnung, den GPS-Daten (UTM-Koordinaten), Höhe über NN.
Beispiel Wegweiserstandort „Zum Schluchthof Kleinostheim“. 138 m ü. NN + Koordinaten
Markierungskennzeichen X; Nahziel Bahnhof 0,8 km / Fernziel Rückersbacher Schlucht 1,8 km mit Haltepunkt von DB und Bus.
Rettungstreffpunkt
Auch an Hilfe im Notfall ist gedacht: Die Notfallpunkte (T-Punkte) der Rettungskette Forst sind den Rettungsleitstellen bekannt und die Anfahrtswege/Helikopter-Landeplätze beschrieben. So können Verunglückte schnelle Hilfe erhalten. z.B. AB-L-1026. Diese sind auch in den topopraphischen Spessart Wanderkarten angegeben.
Vor(derer) Spessart und Sandsteinspessart
Manche kennen noch den Namen „Raiffeisenbank Vorspessart Kleinostheim“. Aus der Bezeichnung kann man bereits die geologische und die räumliche Unterteilung ableiten.
Der Spessart ist ein Mittelgebirge zwischen Vogelsberg, Rhön und Odenwald und ist räumlich begrenzt durch das Mainviereck sowie die Nebenflüsse Sinn im Osten und der Kinzig im Norden.
Er bildet geologisch eine Einheit mit dem sich südwestlich anschließenden Odenwald, dem nordwestlich angrenzenden Büdinger Wald am Fuße des Vogelsbergs und der im Nordosten der Rhön.
Das Gebirge gliedert sich in den Sandsteinspessart und den Vor(deren) Spessart unmittelbar östlich des Mains zwischen Aschaffenburg und Hanau. Den Großteil der Fläche nimmt der Sandsteinspessart ein. Der Untergrund des Vorspessarts ist älteres Gestein (z.B. Gneis und Glimmerschiefer), während im Sandsteinspessart der Buntsandstein dominiert. So gehört beispielsweise Heigenbrücken zum Hochspessart, aber der Kahlgrund, die Aschaffaue und der Hahnenkammhöhenzug zum Vorderen Spessart.
Der Vordere Spessart mit seinen Lössböden ermöglicht eine gute landwirtschaftliche Nutzung, während der Sandsteinspessart bewaldet ist. Die Nutzung der Wälder hat einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung der Kulturlandschaft im Spessart geleistet.
Ein gutes Beispiel für den Übergang vom Sandsteingebirge zu den älteren Bodenschichten findet man an der Kahlquelle an der Bamberger Mühle. Das Quellwasser im Berg sickert durch die Klüfte des Oberen und Unteren Spessartbundsteins bis auf die tonige Schicht des Bröckelschiefers, die ein tieferes Eindringen verhindert. Auf der Schichtgrenze entspringen die Kahlquellen. Aus zwei Quellfassungen links und rechts der Staatsstraße 2305 strömt das Wasser der Kahl, mit einer durchschnittlichen Schüttung von 50 bis 60 Liter pro Sekunde; genug um früher eine Mühle anzutreiben.
Fotos: Buntsandstein und Quellfassung der Kahlquelle